Wie lange schaut der OB noch zu?

Jahresabschlüsse des Städtischen Klinikums verglichen mit den Planzahlen seit 2016
Jahresabschlüsse des Städtischen Klinikums verglichen mit den Planzahlen seit 2016 ©artverwandt

Ablösung des Geschäftsführers scheint überfällig

● Desaster mit Rekorddefizit
● Sanierungsfall braucht Neustart

Angesichts des Rekord­de­fi­zits von mehr als 76 Millionen Euro in der jüngsten Bilanz des Städti­schen Klinikums ist der Geschäfts­führer Dr. Andreas Goepfert massiv in die Kritik geraten. Nach einem Bericht der Braun­schweiger Zeitung (BZ) über Berater­ho­no­rare in Höhe von 66 Millionen Euro in den vergan­genen Jahren ist die Frage nach der grund­sätz­li­chen Eignung Goepferts für die Führung einer Klinik dieser Größen­ord­nung laut geworden. Darüber hinaus wird in dem Bericht die unüber­seh­bare Nähe zu einer Berater­ge­sell­schaft thema­ti­siert. Die Stadt­ver­wal­tung hat mittler­weile „hausge­machte Fehler“ erkannt und will deswegen zur Korrektur einen zweiten Geschäfts­führer mit ausge­wie­sener Kompetenz in Finanz­fragen auf Augenhöhe mit Goepfert einstellen.

Experten halten die Berufung eines zweiten Geschäfts­füh­rers unter den gegebenen Umständen aller­dings für keine gute Idee. Wie Insider berichten, soll Goepfert intern bereits deutlich gemacht haben, dass ein zweiter Mann nur unter ihm und keines­falls neben ihm arbeiten könne. Damit sei schon im Vorfeld Konflikt­po­ten­zial deutlich geworden. Angesichts der drama­ti­schen Situation des Klinikums sei es zudem schwierig, überhaupt einen geeig­neten Kandi­daten zu finden, der willens wäre, mit Goepfert zusam­men­zu­ar­beiten. Goepfert eilt der Ruf voraus, nicht teamfähig zu sein. Wegen „schlechter Führungs­kultur“, so die BZ, liefen in den vergan­genen Jahren bereits mehrere Hundert Angestellte des Klinikums frustriert davon.

Personalrochaden oder klarer Schnitt?

Um nicht in einen lähmenden Schwe­be­zu­stand mit Goepfert zu geraten, halten Experten die sofortige Trennung und eine Interims­lö­sung mit einem Sanierer für den besten Weg, um in Ruhe nach einem neuen Geschäfts­führer suchen zu können. Goepferts Vertrag läuft noch bis zum 31. Dezember 2027. Das ist zu lange, als dass sich die Stadt ihn angesichts weiter steigender Millionen-Defizite leisten könnte. Es ist zu befürchten, dass das jährliche Defizit bis 2029 auf 100 Millionen Euro ansteigen wird, wenn es weiterhin solche drama­ti­schen Abwei­chungen zwischen Plan und Ergebnis geben wird.

Wie lange will sich Oberbür­ger­meister Thorsten Kornblum das Debakel also noch anschauen, bevor er endlich eingreift. Einfluss­nahme wäre frühzeitig schon vor Jahren nötig und möglich gewesen. Offen­sicht­lich war der Aufsichts­rats­vor­sit­zende Christian Geiger nicht in der Lage dazu. Wie sonst sind eine neue, für Außen­ste­hende eher unver­ständ­liche Beschil­de­rung, ein neuer Marken­auf­tritt samt Logo, Geschirr, Kittel und mehr in Millio­nen­höhe in so heftigen Krisen­zeiten zu erklären

Auch bei seiner vorhe­rigen Station beim Klinikum in Ansbach hatten die Kontroll­gre­mien den rosigen Prophe­zei­ungen von Andreas Goepfert blind vertraut, obwohl sich so gut wie keine der Prognosen erfüllte und die Berater­ho­no­rare ebenfalls horrend waren. Das dortige Desaster wurde aller­dings erst nach seinem vorzei­tigen Abgang offenbar und seiner Nachfol­gerin zum Verhängnis.

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