Landgericht: Vahjens Entwurf ist ein urheberrechtlich geschütztes Werk
● Stadt unter Zugzwang
● Neuplanung oder Vergleich?
Die Stadt Braunschweig geht ein erhebliches Risiko ein, wenn sie die vorgestellten Pläne für die Stiftshöfe als Ersatz für die bisherige Burgpassage tatsächlich realisiert. Denn das Landgericht Braunschweig kam im Streit zwischen dem Architekturbüro Heiko Vahjen und der städtischen Tochter Strukturförderung Braunschweig (SFB) zu dem Urteil, dass das von Vahjen entworfene Gesamtkonzept schon so weit ausgearbeitet worden sei, dass es sich nicht mehr nur um eine bloße Idee, sondern um eine Planung mit besonderem schöpferischem Gehalt handele. Damit genössen die Planungen urheberrechtlichen Schutz, heißt es in der Pressemeldung des Landgerichts.
Leerstand seit sieben Jahren
Ob das 100-Millionen Euro-Projekt „Stiftshöfe“ unter diesen Vorzeichen wie vorgesehen realisiert wird, ist damit gegenwärtig fraglich. Die Lösung könnte entweder eine neue Planung oder ein Vergleich zwischen dem Architekturbüro Vahjen und der Stadt sein. Eine weitere Verzögerung des Großprojekts ist damit zu erwarten. Die Burgpassage steht bereits seit rund sieben Jahren leer. Versuche einer Neugestaltung scheiterten seither. Am 24. März 1983 war die Passage eröffnet worden. Sie war 145 Metern die damals längste überdachte Einkaufsstraße in Braunschweig.
Bei den aktuellen Plänen für die Stiftshöfe seien, so das Gericht, Vahjens Ideen, die er für einen vorherigen Projektentwickler entworfen hatte, aufgegriffen worden. Die Kammer stellte fest, so berichtet regionalHeute, dass es sich bei bestimmten Planungsleistungen mit der Ausgestaltung der Burgpassage von drei linear beziehungsweise horizontal zueinander verlaufenden Gebäudekomplexen um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handele. Die Strukturförderung Braunschweig (SFB) hatte gegen die von Vahjen öffentlich geltend gemachten Ansprüche wegen Verletzung von Urheberrechten geklagt.
Noch keine Ansprüche
Das Architekturbüro sei zum jetzigen Zeitpunkt aber in seinen geschützten Rechten noch nicht verletzt. Vahjens Bauzeichnungen seien von der Strukturförderung weder vervielfältigt noch verbreitet oder veröffentlicht worden. In ihrer Presseerklärung habe die Stadt zum Beispiel eine eigene, sich in der Darstellung von der Zeichnung Vahjens abhebende Visualisierung eines Berliner Architekturbüros verwendet.
Abschließend lasse sich die Frage nach der Vervielfältigung des Bebauungsentwurfs der Beklagten durch die Klägerin aber erst nach Umsetzung des Bauprojekts beantworten. Denn die unveränderte Umsetzung eines Werks der Baukunst in einem Gebäude würde eine urheberrechtliche Vervielfältigung darstellen und könnte Urheberrecht verletzen. Gegen das Urteil kann binnen eines Monats Berufung beim Oberlandesgericht Braunschweig eingelegt werden.
Die Stadt hatte die Burgpassage 2024 erworben, nachdem es nicht zu einem Bauprojekt durch Investoren gekommen war. Bis 2028 soll die ehemalige Einkaufspassage einer Schulerweiterung des Gymnasiums „Kleine Burg“, einem nachhaltigen Wohnprojekt mit Gemeinschaftsbereichen und einem neuen integrierten Motel One im Bereich Hutfiltern weichen. Der Name „Stiftshöfe“ stellt dabei einen historischen Bezug zum Stift St. Aegidii her, das früher auf dem Gelände der Burgpassage stand.