Taugt das „Pariser Modell“ für Braunschweig?
● Mobilität neu denken
● Potenzial zum Vorreiter
Gastbeitrag von Olaf Jaeschke
Die Braunschweiger Innenstadt steht vor einer grundlegenden Neujustierung ihrer Rolle und Funktion. Angesichts veränderter Ansprüche an den urbanen Raum rückt die Frage in den Mittelpunkt, wie sich Handel, Gastronomie, Mobilität und Stadtleben harmonisieren lassen. Diese Überlegungen werden von aktuellen Studien wie die der CIMA, einem führenden Kompetenzzentrum für Stadt- und Regionalentwicklung, gestützt. Wir müssen vor allem die Mobilität neu denken.
Es mag auf den ersten Blick verwegen klingen, aber den früheren Cityring wieder in Teilen zu öffnen, ist eine Überlegung wert, um Braunschweigs Innenstadt noch attraktiver und wieder besser erreichbar zu machen. Ich bin gespannt auf die Diskussionen in der Stadtgesellschaft.
Um die Braunschweiger Innenstadt zukunftsfähig zu gestalten, bedarf es eines integrativen Ansatzes, der Mobilität, Digitalisierung und urbane Lebensqualität gleichermaßen berücksichtigt. Eine bessere Balance zwischen individueller und öffentlicher Mobilität sowie zwischen Stadtentwicklung und Besucherfreundlichkeit muss die Innenstadt verstärkt zu einem lebendigen Zentrum machen, das den Bedürfnissen aller Akteure gerecht wird. Braunschweig hat das Potenzial, Vorreiter für eine moderne und nachhaltige Stadtplanung in Niedersachsen zu werden. Deswegen sage ich: Macht den Cityring wieder auf!
Das „Pariser Modell“ als Vorbild für Braunschweig
Braunschweig verfügt mit einer der größten Fußgängerzonen Niedersachsens über einen beachtlichen autofreien Stadtkern. Dennoch bleibt die Mobilität ein zentrales Thema. Ich rege immer wieder an, das bewährte „Pariser Modell“ auf Braunschweig zuzuschneiden. Dabei geht es um einen inneren Ring um unsere Fußgängerzone, den alle für langsame, respektvolle Fortbewegungen nutzen können. Wichtige Umbauten wären etwa die Absenkung aller Bordsteinkanten und gerade Ebenen. Dadurch würden wir ein verbessertes Miteinander von Fußgängern, Radfahrern, Autofahrern und ÖPNV-Nutzern erreichen und den öffentlichen Raum lebenswerter gestalten.
Die „Deutschlandstudie Innenstadt 2024“ der CIMA kommt zu dem Ergebnis, dass sich 60 Prozent der Menschen deutschlandweit bessere Parkmöglichkeiten in Innenstädten, eine günstige Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr sowie genügend Parkplätze an Innenstadträndern wünschen. Der neue Cityring könnte über die Münzstraße, Marstall, Schild, Gördelingerstraße, Brabandtstraße, Friedrich- Wilhelm-Platz (Abzweig Kalenwall), Friedrich-Wilhelm-Straße und zurück auf die Münzstraße (Abzweig Marstall) führen und alle Anforderungen erfüllen.

Digitalisierung als Schlüssel zur besseren Verkehrssteuerung
Die CIMA-Studie zeigt, dass Braunschweig mit einem Einzugsgebiet von 1,2 Millionen Menschen im Großraum ein Oberzentrum ist, das stark von individueller Mobilität geprägt ist. Schwächen im öffentlichen Nahverkehr verhindern jedoch eine bessere Vernetzung mit dem Umland. Zudem werden schlechte Parkplatzsituationen und steigende Parkgebühren als Hindernisse für Besucher gesehen, was besonders den Einzelhandel und die Gastronomie belastet.
Eine weitere Lösung zum Öffnen des inneren Rings könnte die strategische Neuausrichtung der Stadtplanung durch einen stärkeren Fokus auf Digitalisierung sein. Braunschweig sollte durch innovative Digitalstrategien Besucherströme gezielt lenken. Bereits auf der Autobahn A2 könnten intelligente Leitsysteme und Push-Nachrichten auf das Handy die Gäste in die Stadt einladen und sie durch effiziente Verkehrsführung und Wegesysteme zu Parkplätzen und wichtigen Zielen in der Innenstadt navigieren.
Die Stadt muss mit ihrer Mobilitätsplanung dafür sorgen, dass Braunschweig seinen Status als Oberzentrum mit Handel, Gastronomie, Kultur und Gesundheitsdiensten nicht verliert und eine attraktive Einkaufsstadt bleibt.
Die Stadt sollte alles dafür unternehmen, dass sich Menschen aus der Region willkommen fühlen. Eine einseitige Mobilitätsplanung zulasten der Autofahrerinnen und Autofahrer ist definitiv ein Schritt in die falsche Richtung. Damit muss Schluss sein, weil es Braunschweig in seiner Entwicklung behindert. Wir brauchen kluge Konzepte für ein ausgewogenes Miteinander und keine einseitigen Bevorzugungen.

Olaf Jaeschke ist Inhaber einer Kunstgalerie in Braunschweigs Innenstadt und ehrenamtlich aktiv als Vorstandsvorsitzender des Arbeitsauschusses Innenstadt Braunschweig e. V. (AAI), Vizepräsident der Handelsverbände Niedersachsen-Bremen e. V., Harz-Heide, e. V., Richter am Arbeitsgericht, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Braunschweig sowie Vorsitzender des Handelsausschusses der IHK.