Stadtheimatpfleger Wendt beklagt mangelnde Wertschätzung
● Kultur statt Hoch- und Tiefbau
● Arbeit verdient Anerkennung
Heimatpflege ist ein bedeutender Bestandteil der identitätsstiftenden Kultur vor Ort, in den Stadtteilen, in den ehemals eigenständigen Dörfern und natürlich in der Stadt Braunschweig selbst. „Aber ihr fehlt eine wahrnehmbare Lobby,“ beklagt Stadtheimatpfleger Thorsten Wendt. Er lobt das dennoch unermüdliche Engagement der nominell 41 Stadtteilheimatpfleger, die allzu oft ihre ehrenamtliche Arbeit mit Akribie unter dem Radar von Politik und Verwaltung und erledigen. Zehn bis 20 Stunden pro Woche fielen für jeden im Schnitt wohl an, meint Wendt. Er fordert daher mehr Wertschätzung in Politik und Verwaltung sowie die Zuordnung zum Dezernat für Kultur und Wissenschaft.
Umfangreiche Aufgaben mit begrenzter Anerkennung
In der Heimatpflege geht es vor allem darum, heimatkundliches Wissen sachkundig aus der Vergangenheit in die Zukunft zu transferieren. Die Stadtteilheimatpfleger beschäftigen sich intensiv mit der jeweiligen Ortsgeschichte, Vereins- und Firmengeschichten, auch mit Natur‑, Landschafts- und Umweltschutz. Sie forschen in verschiedenen Archiven, führen Interviews mit Zeitzeugen und stellen ihre gesammelten Er-
kenntnisse in Ausstellungen, Vorträgen, Führungen, Chroniken, Heimatstuben, Schulen, Festschriften und Veröffentlichungen der Öffentlichkeit zur Verfügung. Und das alles im Ehrenamt.
Die Arbeit verdient also Anerkennung, in Sonntagsreden von Politik und Verwaltung ist das auch allenthalben zu hören, gleichwohl sieht die Realität anders aus, wie Stadtheimatpfleger Thorsten Wendt berichtet. „Nicht, dass die Aufwandsentschädigung das Wichtigste für die Stadtteilheimatpfleger, wäre, aber die Tatsache, dass es seit rund zwei Jahrzehnten keinerlei Erhöhung gab, zeigt, dass es der Heimatpflege gegenüber grundsätzlich an Respekt fehlt“, kritisiert er. 34 Euro erhält ein Stadtteilheimatpfleger monatlich.
Forderung nach struktureller Unterstützung
Nicht zuletzt wegen des mangelnden Respekts vor der Arbeit wird die Suche nach Nachfolgern für ausscheidende Heimatpfleger nicht leichter. „Aktuell gibt es wenige Vakanzen, aber unsere Gruppe ist schon ein wenig überaltert. In den nächsten Jahren werden einige von uns aus Altersgründen aufhören wollen. Sie würden sich freuen, wenn sie jüngere Interessierte einarbeiten könnten, um Kontinuität in den Stadtteilen zu wahren. Deswegen werben wir um größere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Mein Eindruck ist tatsächlich, dass das Interesse an Heimatkunde in Zeiten der ungebremsten Globalisierung wieder zunimmt“, meint Thorsten Wendt. Große Sprünge seien nicht möglich, weil die Heimatpflege keinerlei institutionelle Förderung von der Stadt erhalte und so die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel arg begrenzt seien.
Für problematisch hält der Stadheimatpfleger zudem die fachliche Zuordnung. Gegenwärtig ist die Heimatpflege beim Baudezernat angesiedelt. „Dort sind wir falsch aufgehoben. Die Anforderungen an die Heimatpflege sind in den vergangenen Jahren gestiegen, richten sich mehr und mehr auf historische Forschung. Wir gehören deswegen in den Fachbereich Kultur- und Wissenschaft in die Nähe von Stadtarchiv, Stadtbibliothek und Städtischem Museum. Dort gibt es Verbindungen und Synergien“, begründet Wendt seine immer wieder neu gestartete Initiative. Er sieht die Heimatpflege im Kreis der mit Geschichte betrauten Institutionen, Museen und Stiftungen und nicht bei Hoch- und Tiefbau, auch wenn sie bei Bebaungs- und Flächennutzungsplänen gehört würde.