„Gendern“ ist für Ideologen

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Keine Argumente für Sternchen oder Unterstrich

● Juraprofessor klärt auf 
● Unsinnig und falsch

Sprache spaltet die Gesell­schaft, anstatt sie, wie von Befür­wor­tern behauptet, zu vereinen. 80 Prozent der Bundes­bürger lehnen das sogenannte „Gendern“ nach einer reprä­sen­ta­tiven Umfrage des Meinungs­for­schungs­in­sti­tuts Civey ab. Der Sänger Heinz-Rudolf Kunze („Dein ist mein ganzes Herz“) spricht wohl den meisten Deutschen aus dem Herzen, wenn er drastisch sagt: „Sobald ich gegen­derte Sprache höre oder lese, wird mir körper­lich übel.“ Tatsäch­lich gibt es keinerlei stich­hal­tige Argumente für Wortun­ge­tüme mit Sternchen, Schräg­strich, Unter­strich oder einem großen „I“ mitten­drin. Zu diesem eindeu­tigen Urteil kommt Autor und Jurist Tonio Walter.

Walter ist Professor an der Univer­sität Regens­burg und Richter am Bayeri­schen Obersten Landge­richt. Klar ist, dass sich Sprache entspre­chend gesell­schaft­li­cher Verän­de­rungen wandelt. Aber nicht zuletzt aus der Sicht eines Rechts­wis­sen­schaft­lers fordert er, dass sie eindeutig, unmiss­ver­ständ­lich und nicht diskri­mi­nie­rend bleiben müsse. Deswegen plädiert er dafür, das woke Gendern zu unter­lassen.

Warum das Gendern Sprache und Gesellschaft spaltet

Denn: „Am Ende verlieren alle: die Grammatik ihre geschlech­ter­über­grei­fenden Perso­nen­be­zeich­nungen, die Sprache ihre Prägnanz, inter­se­xu­elle Menschen ihre Inklusion und Texte ihre Lesbar­keit. Nur die Ideologen gewinnen, und zwar das, was sie immer zu gewinnen suchten. Herrschaft über die Sprache“, urteilt Tonio Walter. Auf dem Kieker habe die „sprach­pro­pa­gan­dis­ti­sche Abteilung des Feminismus“, so Walter, vor allem das generi­sche Masku­linum, die gramma­tisch männliche Form eines Wortes, die jedoch Menschen jedweden Geschlechts meint. Es gebe auch generi­sche Feminina, etwa die Koryphäe oder die Fachkraft. Aber daran störe sich niemand. Walter sieht im „Gendern“ gar „Exklusion durch Feminismus“. Das gramma­ti­sche Geschlecht habe mit dem natür­li­chen nichts zu tun. Deswegen sei das Gendern unsinnig und richtig­ge­hend falsch.

Erst durch die unnütze Verdopp­lung, wie etwa bei Bürger und Bürgerin oder Zuschauer und Zuschauerin, werde die männliche Form zum Mann, dem sich in der weibli­chen Form eine Frau hinzu­ge­selle und die dann gemeinsam all jene ausgrenzten, die geschlecht­lich zwischen ihnen stünden. Das generi­sche Masku­linum beziehe dagegen alle Menschen mit ein, eben auch jene, die für sich ein drittes Geschlecht in Anspruch nähmen.

Tonio Walter: „Gendern ist ein Kunstgriff von Ideologen“

Tonio Walter trägt mit seinem umfas­senden Kapitel zur „Gender­sprache“ wissen­schaft­lich zur Versach­li­chung der Debatte bei. Bereits in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Schleswig- Holstein wurden Verbote zum Gebrauch von „gegen­derter“ Sprache an Schulen, Hochschulen oder in der Verwal­tung verordnet oder angekün­digt.

„Gendern“ sei ein Kunst­griff von Ideologen. Sie vermit­telten den Eindruck, als stehe in jeder masku­linen Form der Grammatik einen Mann. Das jedoch ist ein tragi­scher Irrtum. „Heute glauben viele tatsäch­lich, dass die Worte Richter, Anwalt und Student nur Männer bezeich­neten und sich Frauen allen­falls als mitge­meint betrachten könnten. Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass man Unsinn nur oft genug wieder­holen muss, damit er irgend­wann geglaubt wird“, meint Tonio Walter.

So gendert die Stadt:

Vorgaben gibt es insbe­son­dere zu Stellen­aus­schrei­bungen: Der Kommunale Arbeit­ge­ber­ver­band hat mit Rundschreiben A 2/2024 über das Urteil des Bundes­ar­beits­ge­richts (BAG) vom 23. November 2023 infor­miert. Darin wurde unter anderem festge­stellt: „Eine Stellen­aus­schrei­bung muss geschlechts­neu­tral erfolgen, d. h. sich an Menschen jedweden Geschlechts richten. Dies kann durch die Verwen­dung des sog. Gender­sterns zum Ausdruck gebracht werden (Rn. 31).“ Die Stadt­ver­wal­tung verfährt entspre­chend, indem sie den Doppel­punkt (z. B. Sachbearbeiter:in) und den Zusatz „(m/w/d)“ verwendet. Darüber hinaus gibt es keine Vorgaben. Es ist möglich, in Texten Formu­lie­rungen wie „Bürge­rinnen und Bürger“ zu verwenden, ebenso können Gender­stern oder Genderpunkt/ Doppel­punkt verwendet werden oder auch Formu­lie­rungen wie Studie­rende oder Teilneh­mende.

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