Ein Fall aus Wolfenbüttel sorgt für Gesprächsstoff

Die Arbeitsagentur Braunschweig ist auch für Wolfenbüttel zuständig. Foto: BiF
Die Arbeitsagentur Braunschweig ist auch für Wolfenbüttel zuständig. Foto: BiF

Vater und Mutter arbeiten „schwarz“, beziehen Bürgergeld und können sich mit ihren drei Kindern einen Italien-Urlaub leisten

Zwar steht im Koali­ti­ons­ver­trag zur Regie­rungs­bil­dung von CDU und SPD, dass vom April an kein Bürger­geld mehr an geflüch­tete Ukrainer gezahlt werden soll, doch bei der Umsetzung hapert es. Noch ist die Umstel­lung auf das Asylbe­wer­ber­leis­tungs­ge­setz, zum Unmut vieler Bundes­bürger, nicht vollzogen. Viele verstehen nicht, warum die ukrai­ni­schen Flücht­linge besser behandelt werden als Flücht­linge aus arabi­schen oder afrika­ni­schen Ländern. Nach einer INSA-Umfrage im Auftrag von Bild lehnen zwei Drittel das Bürger­geld für ukrai­ni­sche Flücht­linge ab.

Warum das so ist, unter­streicht ein Erfah­rungs­be­richt einer Braun­schweiger Deutsch­leh­rerin (Name der Redaktion bekannt). Sie sprach mit „Braun­schweig im Focus“ und schickte ihre Wahrneh­mung mit der Frage, inwieweit die neuen Beschlüsse der Bundes­re­gie­rung dazu führen, dass Sozial­miss­brauch künftig verhin­dert werde, an CDU-General­se­kretär Carsten Linnemann. Ausdrück­lich nicht kriti­siert werden die Beweg­gründe ukrai­ni­scher Flücht­linge nach Beginn des russi­schen Angriffs­kriegs.

Zu großzügige Sozialleistungen

„Natürlich gibt es viele, die sich bemühten, die Sprache zu lernen, Arbeit zu finden und sich zu integrieren“, sagt sie, aber es gäbe eben auch viel zu viele andere Beispiele, die sie tagtäg­liche beobachte. Nur 39 Prozent (März 2025) der erwerbs­fä­higen ukrai­ni­schen Flücht­linge gehen in Deutsch­land einer geregelten, sozial­ver­si­che­rungs­pflich­tigen Arbeit nach. In Polen und Tsche­chien sind es dagegen rund 70 Prozent (2024).

Ein Grund für diese Diskre­panz sind die zu großzü­gigen Sozial­leis­tungen in Deutsch­land. Das belegt unter anderem die Schil­de­rung der Braun­schweiger Deutsch­leh­rerin: „Es geht um eine fünfköp­fige Familie, die vor drei Jahren nach Deutsch­land kam, seither Bürger­geld bezieht und in einer von der Stadt bezahlten Wohnung lebt. „Nach meiner überschlä­gigen Rechnung erhält diese Familie circa 3200 Euro netto, wobei nicht die Leistungen aus dem Teilha­be­paket und die Arztbe­suche mit einge­rechnet sind“.

Integrationswille überschaubar

Seitdem die Familie nach Deutsch­land kam, arbeite der Vater nicht, weil er angeblich als Mecha­tro­niker keine adäquate Arbeit vom Jobcenter angeboten bekäme. Eine andere Beschäf­ti­gung lehne er katego­risch ab. Er repariert statt­dessen Elektro­ge­räte „schwarz“. Die Mutter nähe und werde dafür ebenfalls „schwarz“ entlohnt. Die Familie käme so angesichts der von deutschen Steuer­zah­lern aufge­brachten Sozial­leis­tungen ganz offenbar bestens zurecht. Im Sommer sei sie mit dem eigenen Auto in Italien im Urlaub gewesen. Der Integra­ti­ons­wille sei überschaubar: „Der Vater spricht gebrochen Deutsch, die Mutter etwas besser, die drei Kinder überhaupt nicht.“

Aufgrund ihrer Lebens­er­fah­rung wisse die Deutsch­leh­rerin, dass nur eine zeitliche Begren­zung der Sozial­leis­tungen die Familie motivieren würde, für sich selbst zu sorgen. Wer nicht arbeiten wolle, wisse oft genau, wie er das System ausnutzen kann. Er gibt sich beim Jobcenter als arbeits­willig aus, sorgt aber bei Bewer­bungen gezielt dafür, keinen Job zu bekommen – zum Beispiel, indem er mangelnde Deutsch­kennt­nisse vorschütze.

Unmut bei der arbeitenden Bevölkerung

„Ich gehe deshalb davon aus, wie Arbeits- und Sozial­mi­nis­terin Bärbel Bas schon angekün­digt hat, dass es nur eine geringe Ersparnis durch die Umstel­lung vom Bürger­geld auf Zahlungen nach dem Asylbe­wer­ber­leis­tungs­ge­setz geben werde. Der Missbrauch unserer Sozial­sys­teme schreitet so weiter munter voran. Das sorgt bei der arbei­tenden Bevöl­ke­rung für großen Unmut und wird der AfD weiter Wähler zuführen“, schrieb sie CDU-General­se­kretär Carsten Linnemann.
Aktuell leben rund 1,3 Millionen ukrai­ni­sche Flücht­linge in Deutsch­land. Und die Zahl steigt immer weiter. Allein im September kamen fast 19.000 weitere hinzu. Die Ukraine hatte Ende August die Ausrei­se­re­geln für Männer zwischen 18 und 22 Jahren gelockert. Seitdem hat sich die Zahl an Ukrainern, die nach Deutsch­land kommen, laut dem Innen­mi­nis­te­rium verzehn­facht, schreibt die Welt mit Berufung auf das Bundes­in­nen­mi­nis­te­rium.

Sanktionen sollten schneller greifen

In der Antwort aus dem Konrad-Adenauer-Haus heißt es: „Für die Menschen, die arbeiten können, soll der Vermitt­lungs­vor­rang gelten. Diese Menschen müssen schnellst­mög­lich in Arbeit vermit­telt werden. Wir werden Vermitt­lungs­hürden besei­tigen, Mitwir­kungs­pflichten und Sanktionen im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern verschärfen.“ Sanktionen müssten schneller, einfacher und unbüro­kra­ti­scher durch­ge­setzt werden können. Bei Menschen, die arbeiten können und wieder­holt zumutbare Arbeit verwei­gern, sei ein vollstän­diger Leistungs­entzug im Koali­ti­ons­ver­trag verein­bart worden.

Das Bürger­geld bremse die Arbeits­auf­nahme. Anstelle von Bürger­geld würden geflüch­tete Ukrainer künftig die niedri­geren Asylbe­wer­ber­leis­tungen erhalten. „Es braucht darüber hinaus ukrai­ni­sche Soldaten, die ihr Land vertei­digen. Deshalb ist es nicht richtig, dass derzeit vor allem viele junge Männer die Ukraine verlassen. Wir unter­stützen die Ukraine aus Überzeu­gung – aber der sprung­hafte Zuzug nach Deutsch­land muss gestoppt werden“, heißt es in dem Antwort­schreiben, das im Gegensatz zur Umsetzung der Koali­ti­ons­ver­ein­ba­rungen sehr zügig kam.

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