Industrie so transformieren, dass sie erfolgreich bleibt und andere inspiriert
● CO₂-Handel weltweit harmonisieren
● Kernergieforschung ausbauen
Gastbeitrag von Thorsten Alsleben
Die Energiewende wurde vom geplanten Vorzeigeprojekt zur internationalen Lachnummer. Zwischen dem Wunsch, den Klimawandel zu bekämpfen, und der Wirklichkeit, es zu tun, klafft weiterhin eine große Lücke.
Erneuerbare Energien: Ausbau mit Weitblick
Noch immer steigt der weltweite Ausstoß an klimaschädlichen Gasen. Gleichzeitig erreichen die Belastungen für Industrie und Privathaushalte durch steigende Energiepreise immer neue Höhen. Es gilt nun, beide Interessen zu versöhnen. Das Weltklima können wir nicht in Deutschland alleine retten. Aber wenn wir es schaffen, unsere Industrie so zu transformieren, dass sie weiter erfolgreich bleibt, dann inspirieren wir andere, mit uns gemeinsam das Klima zu schützen. Dazu muss Deutschland der bedeutendste Innovationstreiber für Klimaschutz werden. Dazu machen wir als Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) folgende Vorschläge:
- Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen:
Zur Beschleunigung der Energiewende sollten dem Infrastrukturausbau keine Steine in den Weg gelegt werden. Regulierungen wie Abstandsregeln von Windrädern zu Wohngebieten sollten bundesweit zumindest vereinheitlicht werden. Zudem müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren optimiert werden. Damit erneuerbare Energien einen beständigen Beitrag zur Energieversorgung leisten können, müssen die Speicher und Netze synchron ausgebaut werden. Erneuerbare-Energien-Förderung sollte an die Bereitstellung entsprechender Speicherkapazitäten gekoppelt werden.
- Kernenergie-Forschung ausbauen:
In Ruanda soll der erste Dual-Fluid-Kernreaktor getestet werden. Die Technik dahinter wurde von einem deutsch-kanadischen Unternehmen in Berlin entwickelt – ein Testreaktor darf hier aber nicht gebaut werden. Das ist kurzsichtig und schadet Deutschland auch als Forschungs- und Entwicklungsstandort. Die Politik muss hier umdenken und die Forschung an ziviler Kerntechnologie wieder voll ermöglichen und ausbauen.
- Emissionszertifikatehandel sinnvoll ausbauen:
Der CO₂-Handel ist weltweit auf dem Vormarsch. Aktuell gibt es 25 größere Emissionshandelssysteme, 22 weitere sind in Planung. Die einzelnen CO₂-Handelssysteme sind zum überwiegenden Teil nicht miteinander vernetzt. Daher müssen wir jetzt darüber sprechen, regionale und nationale Systeme in ein globales System mit weltweit einheitlichem CO₂-Preis zu überführen. Aktuell werden erst knapp 20 Prozent des weltweiten CO₂-Ausstoßes von diesen Systemen erfasst. In der EU sind es immerhin 45 Prozent.
- Klimaschutz international belohnen:
Staaten, die sich dem Emissionshandel neu anschließen, Handelsvorteile zu gewähren, kann eine Möglichkeit sein, Anstrengungen zum Klimaschutz weltweit besser zu implementieren. Der von den G7 2022 gegründete Klima-Club kann hier ein guter Startpunkt sein. Der wesentliche Unterschied zu anderen Kooperationen wie etwa dem Kyoto-Protokoll und dem Pariser Klimaabkommen besteht darin, dass sich Nichtmitglieder bei einer Club-Lösung schlechter stellen. Klimaschutz wird somit messbar belohnt.
- Stromsteuer reduzieren:
Die CO₂-Bepreisung von Strom wird durch den europäischen Emissionszertifikatehandel abgedeckt. Daher muss die Stromsteuer auf den europäischen Mindestpreis von 1 Euro/MWh bei nicht gewerblicher Nutzung beziehungsweise 0,50 Euro/MWh bei gewerblicher Nutzung gesenkt werden, damit die privaten Stromverbraucher nicht weiterhin zwanzigmal so viel und die gewerblichen Stromverbraucher nicht vierzigmal so viel Steuern zahlen müssen, wie sie nach EU-Regeln müssten.

Der Autor Thorsten Alsleben ist Geschäftsführer der Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), ein von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie finanzierter Thinktank in Berlin. Der Jurist war zuvor nach Stationen im Leitungsstab des Bundesarbeitsministeriums und als Hauptstadtrepräsentant der Unternehmensberatung Kienbaum, neun Jahre lang Hauptgeschäftsführer der Mittelstands- und Wirtschaftsunion.