Idee für einen Neubau am Europaplatz: Aus für das „Haus der Musik“?
● Realistische und kostengünstige Alternative
● Grundstück im städtischen Eigentum
Lange schien es gesetzt, dass Braunschweig ein sogenanntes „Haus der Musik“, angesiedelt im ehemaligen Karstadt-Einrichtungshaus am Gewandhaus, bekommen sollte. Jetzt jedoch liegt eine bedenkenswerte Alternative dazu auf dem Tisch, über die der Rat der Stadt vermutlich Ende des Jahres befinden muss: Die CDU schlägt vor, auf den immens teuren Konzertpalast, ein Prestigeprojekt von Oberbürgermeister Thorsten Kornblum, Stadtmarketing-Chef Gerold Leppa und Kulturdezernentin Anja Hesse, zu verzichten. Stattdessen soll es einen erheblich günstigeren und seit langem dringend benötigten Neubau für die Städtische Musikschule am innenstadtnahen Europaplatz geben. Für diese Lösung sprechen mehrere Gründe.
Geschätzte Kosten: 23 Millionen Euro
Zuallererst die wirtschaftlichen Aspekte: Im Gegensatz zum Karstadt-Einrichtungshaus, in das das „Haus der Musik“ kommen soll, gehört der Stadt das Grundstück des früheren Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) gegenüber der Volkswagenhalle. Ersparnis: 15 Millionen Euro. Statt der städtischen Einlage von 60 Millionen Euro in eine noch zu gründende Stiftung belaufen sich die geschätzten Neubaukosten für die Städtische Musikschule nach einer von der CDU beauftragten Machbarkeitsstudie eines Architekten auf rund 23 Millionen Euro. Ersparnis: 37 Millionen Euro. Enthalten ist darin auch ein kleinerer Saal für Musikschulkonzerte.
Und ganz entscheidend beim Abwägen der beiden Varianten ist, dass die Stadt entgegengesetzt zum Stiftungsmodell keine Mietkosten tragen müsste, weil ihr der Neubau gehören würde. Darüber hinaus fielen aufgrund der kleineren Dimension des Baus auch erheblich geringere Betriebskosten und damit auch jährliche Verlustausgleiche an. Ersparnis: auf Dauer zig Millionen Euro.
Grundsatzentscheidung 2023
Die Grundsatzentscheidung, ein sogenanntes „Haus der Musik“ zu schaffen, hatte der Rat der Stadt im März 2023 getroffen. Damals stand ein Neubau für Musikschule und Konzertsaal nahe Viewegs Garten zur Debatte. Die Pläne waren noch hochtrabender. Die wären für die Stadt noch teurer geworden. Die Rede war von 150 Millionen Euro. Die Belebung der Innenstadt spielte da keine Rolle. Das kam erst später. Die Planänderung der Stadtverwaltung, das Projekt im Karstadt-Einrichtungshaus am Gewandhaus unterzubringen, war im Januar 2024 auf Initiative des im November gestorbenen Unternehmers Friedrich Knapp zustande gekommen.
Die CDU-Ratsfraktion hatte der Kombination von Städtischer Musikschule und neuem Konzerthaus zugestimmt, aber unter den Vorbehalt der Finanzierbarkeit gestellt. Angesichts eines drohenden Schuldenbergs von mittlerweile zwei Milliarden Euro zieht sie offenbar diese Karte. Sie hält die Investition im Sinne der Steuerzahler offenbar nicht mehr für seriös vertretbar.
Im Bereich des Wunschdenkens
Klar ist, dass die Stadt großen Bedarf für eine angemessene Städtische Musikschule hat. Unklar dagegen ist, wie die Auslastung eines großen Konzertsaals im sogenannten „Haus der Musik“ als Konkurrent zur gerade für 150 Millionen Euro in Sanierung befindlichen Stadthalle überhaupt sein könnte. Die Befürworter bewegen sich im nebulösen Bereich des Wunschdenkens. Wie stark eine Belebung der Innenstadt, die stets als wichtigstes Argument für einen Konzertpalast angeführt wird, ist gar nicht abzuschätzen. Bei einer Gesamtinvestition von mehr als 120 Millionen mit einem städtischen Anteil von 75 Millionen plus erheblicher Folgekosten bedarf es eines realistischen Abwägungsprozesses, an dessen Ende das Aus für das sogenannte „Haus der Musik“ stehen könnte.